Verbraucherpolitik: Grundlagen

Verbraucherpolitik: Grundlagen
Verbraucherpolitik: Grundlagen
 
Ziel der Wirtschaftspolitik ist es u. a., einen möglichst freien Leistungswettbewerb zu schaffen und den Verbraucher dadurch vor den negativen Einflüssen übermäßiger Marktmacht zu schützen. Dies geschieht v. a. über die Wettbewerbspolitik, aber auch über die Verbraucherpolitik. Unter Verbraucherpolitik fallen alle Maßnahmen und Entscheidungen, die zum Ziel haben, die Verbraucherinteressen gegenüber den Anbietern angemessen durchzusetzen. Im Vordergrund der am Wettbewerbsmodell ausgerichteten Verbraucherpolitik in Deutschland stehen Maßnahmen der Verbraucherinformation, des Verbraucherschutzes und der Verbrauchererziehung. Verschiedentlich werden auch verbraucherorientierte Maßnahmen von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden zur Verbraucherpolitik gerechnet (z. B. Schieds- und Schlichtungsstellen, Beratungsdienste).
 
 Träger der Verbraucherpolitik
 
In Deutschland werden Verbraucherinteressen neben staatlichen Einrichtungen v. a. durch Organisationen repräsentativ wahrgenommen. Man spricht auch von Fremdorganisation der Verbraucher durch Verbraucherverbände. Eine unmittelbare Einflussmöglichkeit durch den einzelnen Verbraucher besteht nur ansatzweise; Zusammenschlüsse von Verbrauchern (Selbstorganisation der Verbraucher) sind im Unterschied zu den USA selten.
 
 Konzeptionen
 
In der Theorie zur Verbraucherpolitik gibt es im Wesentlichen drei Konzeptionen. Im Wettbewerbsmodell wird davon ausgegangen, dass prinzipiell Konsumentensouveränität herrscht. Die Verbraucher steuern über rationales Kaufverhalten entsprechend ihrer Präferenzordnung die Produktion: Produkte, die nicht den Käuferpräferenzen entsprechen, werden auch nicht angeboten. Damit die Verbraucher rational und ihren Bedürfnissen entsprechend entscheiden können, müssen sie allerdings ausreichend über die Produkte und ihre Eigenschaften informiert sein. Es muss Markttransparenz herrschen. Durch eine aktive staatliche Wettbewerbspolitik, zu der auch eine gezielte, verbrauchergerechte Informationspolitik gehört, müssen mögliche Informationsdefizite abgebaut werden. Ebenso müssen Wettbewerbsbeschränkungen durch die Anbieter verhindert bzw. beseitigt werden. Das Schutz- und Gegenmachtmodell unterstellt demgegenüber, dass die Wettbewerbspolitik allein die aufgrund von ungleicher Machtverteilung dominierenden Anbieterinteressen nicht neutralisieren kann. Die Verbraucherpolitik fungiert als Vermittler zwischen Verbraucher- und Anbieterinteressen. Über Verbrauchererziehung wird den Verbrauchern ihre Rolle im Markt bewusst gemacht. Gleichzeitig werden sie angehalten, diese Rolle aktiv wahrzunehmen und ihre individuellen Bedürfnisse nicht durch Werbung beeinflussen zu lassen. Andererseits werden wegen der prinzipiellen Machtvorteile der Anbieter Rechtsnormen aufgestellt, die die Verbraucher z. B.vor irreführender Werbung oder gefährlichen Produkten schützen. Um der Marktmacht der Anbieter entgegenzuwirken, werden die Verbraucherinteressen kollektiv über Verbände und Behörden vertreten. Das Partizipationsmodell geht noch einen Schritt weiter. Es berücksichtigt die Entstehung und den Wandel von Verbraucherbedürfnissen. Dabei sollen z. B. die Belastungen für die Umwelt aus der Produktion der vom Verbraucher gewünschten Güter antizipiert werden. Die traditionelle Verbraucherpolitik, die erst nach erfolgter Produktion der Güter einsetzt, wird durch eine Verbraucherpolitik ex ante abgelöst, die eine frühzeitige, direkte Einflussnahme der Verbraucher oder ihrer Vertreter auf das Güterangebot ermöglicht.
 
 Handlungsbereiche
 
Zu den Handlungsbereichen der Verbraucherpolitik zählen der Verbraucherschutz, die Verbrauchererziehung sowie die Verbraucherinformation. Durch aktuelle Informationen über das Angebot an Waren und Dienstleistungen sollen einseitige und womöglich verzerrte Informationen der Anbieter ergänzt und wenn nötig richtig gestellt werden. Ziel ist, die Markttransparenz zu erhöhen. Wichtige Informationskanäle sind: produktbegleitende Informationen, vergleichende Warentests, Verbraucherberatung besonders durch Verbraucherzentralen, Einsatz von Massenmedien (Verbraucherzeitschriften). Von der staatlichen Verbraucherpolitik werden v. a. die Verbraucherzentralen und die Stiftung Warentest finanziell unterstützt. Durch Verbrauchererziehung soll jeder frühzeitig auf seine Rolle als Konsument vorbereitet werden. Zur schulischen Verbrauchererziehung zählen die Vermittlung grundlegender Kenntnisse über die Marktwirtschaft, die Reflexion der eigenen Bedürfnisse und die Entwicklung eines verantwortlichen Verbraucherverhaltens auch mit Blick auf die Wirkung des Konsums auf Mitmenschen und Umwelt. Im Rahmen des Verbraucherschutzes wird durch eine Vielzahl von Ge- und Verboten die Stellung des Konsumenten gegenüber den Marketingpraktiken der Anbieter gestärkt.

Universal-Lexikon. 2012.

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